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Integration

[einfach] BIM

»Die Kommunikation gestaltet sich mit BIM viel einfacher: Mit allen kann ich über dasselbe sprechen.«
Stefanie Birke, Projektleiterin
heinlewischer

Kontext

Insgesamt hat die Informationsdichte in den letzten Jahren rasant zugenommen und sie steigt weiter an. Mit ihr sind neue Wege entstanden, die damit verbundene digitale Kommunikation zu kanalisieren. Im Bauwesen ist die BIM-Methode nicht mehr wegzudenken. Ausgangspunkt der entsprechenden Überlegungen ist die Idee eines digitalen Zwillings. Dieser Zwilling – das Modell – stellt das digitale Abbild eines realen Bauprojektes dar, und zwar mit allen daran geknüpften Informationen. Am Projekt Beteiligte versorgen das Modell mit ihren Daten und ziehen sich sogleich die Daten heraus, die sie für ihre Auswertung benötigen: Für die eine ist es vielleicht der Bauantrag, für den anderen erst die Kollisionsprüfung, dann die Massenermittlung und für einen Dritten wiederum die reine Dokumentation. Daraus ergeben sich verschiedene Anwendungsmöglichkeiten und -fälle. Über den gesamten Lebenszyklus begleitet das Modell den Bau: Informationen verbinden unauflösbar den digitalen Zwilling mit dem analogen Gebäude.

»Für unser Büro ist der Mehrwert im Gebäudebetrieb vielleicht nicht unmittelbar relevant. Dass wir etwas entwickeln, das einen längerfristigen Mehrwert für die Gesellschaft bietet, gehört allerdings zu unserem Verständnis.«
Timo Betz, Leiter der BIM-Abteilung
heinlewischer

Im Gespräch

Mit über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wenden wir die BIM-Methode an. Denn die Methode sorgt für Transparenz im Prozess. Dazu standen wir, Philine Oberwalleney und Tania Ost, mit Timo Betz, Leiter der BIM-Abteilung, sowie Stefanie Birke, Projektleiterin, und Mark Ullrich, die gemeinsam am Projekt ›einfach BIM‹ beteiligt waren, im Gespräch.

Seit wann realisiert heinlewischer Projekte mit der BIM-Methode?

TB Diese Frage ist nicht so eindeutig zu beantworten: Wir haben bereits 2013 für eine Auftraggeberin Kernansätze der Methode implementiert. Wenn wir allerdings die strenge Definition übernehmen, dass alle Daten an die Geometrie gekoppelt sind, dann arbeiten wir mit der BIM-Methode seit 2016.

BIM ist nicht gleich BIM. Wofür steht für Euch in einem Satz jeweils BIM?

TB Für mich ist BIM eine Planungsmethodik, die zum Ziel hat, alle Vorgänge klar und transparent darzustellen. Und die alle entsprechenden Daten für den Betrieb bereitstellt. So dass die Methode nach dem Planen und Umsetzen weiter Verwendung findet, für die Nutzerinnen und Nutzer.

MU Für mich steht ebenfalls Transparenz im Vordergrund, gerade wenn es um die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten geht. Die Methode erleichtert meine Arbeit.

SB Die Kommunikation gestaltet sich viel einfacher: Mit allen kann ich über dasselbe sprechen.

»Es ist uns ausgesprochen wichtig, die vielfältigen Anforderungen eines Projekts auf einer menschlichen Ebene, im Miteinander zu lösen.«
Mark Ullrich, BIM-Gesamtkoordinator
heinlewischer

Welches Verständnis hat heinlewischer insgesamt von BIM?

TB Die BIM-Methode zu verwenden, sehe ich als Teil der Firmenphilosophie. Denn ein gutes Planungsergebnis erreichen wir durch Transparenz von Entscheidungen, durch die Chance der Vorschau – auch in Visualisierungen oder Simulationen, die das Verhalten des Gebäudes darstellen. Für unser Büro ist der Mehrwert im Gebäudebetrieb vielleicht nicht unmittelbar relevant. Dass wir etwas entwickeln, das einen längerfristigen Mehrwert für die Gesellschaft bietet, gehört allerdings zu unserem Verständnis. Die Methode wirkt also weit über die Erzeugung von Planungsdaten hinaus, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Und die Nachhaltigkeitssimulation selbst gehört als konkretes Anwendungsbeispiel natürlich ebenfalls dazu.

Auf welche Standards greift heinlewischer zurück? Und welche heinlewischer-spezifischen Standards wurden intern bisher etabliert?

TB Es liegen wenige externe Standards vor, an denen wir uns orientieren können. Verbindliche Regeln – im Sinne von Normen, die wirklich für alle Planungsbüros gelten – fehlen aktuell noch. Aus dieser Erkenntnis heraus sind wir auch Mitglied der BIM Allianz geworden: Durch die Mitarbeit können wir längerfristig Definitionen und Standards etablieren und gemeinsam erörtern, welche Informationen wir welchen Bauteilen in welcher Leistungsphase zuordnen.

Aktuell verfolgen auf dem Markt viele Beteiligte den gleichen Ansatz. Durch unsere heterogene Landschaft und unser föderales System ist es allerdings so, dass es recht schwierig scheint, sich dabei verbindlich auf Standards zu einigen. Das scheint in anderen Ländern einfacher.

Vom Bund über Länder bis zu einzelnen Gemeinden erkennen wir Bestrebungen, Normen zu etablieren. In diesem Spannungsfeld und Kontext definieren wir eigene Standards. Zur Modellierung haben wir feststehende Regeln. Doch sobald es um die Gestaltung von Informationen in Verbindung mit Bauteilen geht, fehlen uns verbindlich geltende Standards, die über das IFC-Schema hinausgehen.

»BIM macht Spaß!«
Timo Betz, Leiter der BIM-Abteilung
heinlewischer

Wie gestaltet sich da die Zusammenarbeit mit Fachplanerinnen und Fachplanern?

TB Im Büro haben wir über die Standorte verteilt sehr unterschiedliche Erfahrungswerte. Wir begleiten hauptsächlich Projekte öffentlicher Auftraggeberinnen und Auftraggeber, die sich eine Realisierung mit der BIM-Methode wünschen. Im Vergabeprozess werden die entsprechenden Anforderungen definiert. Wie die eigentlichen Voraussetzungen und Erfahrungen aller Beteiligten mit der BIM Methode sind, wie wir in welcher Tiefe welche Themen behandeln werden, das wiederum verstehen wir als Team erst im Austausch beim BIM-Auftaktgespräch: Der Wissensstand ist in den Büros, denen wir gegenüberstehen und mit denen wir die Projekte entwickeln, sehr unterschiedlich.

Je nachdem entwickeln wir im Austausch langsamer oder schneller ein gemeinsames Verständnis, um letztlich die Methode im Sinne des Vorhabens anzuwenden. Es kommt auch vor, dass Beteiligte gleich kommunizieren, dass sie mit einem bestimmten Anwendungsfall sehr gute Erfahrungen gesammelt haben. Davon profitieren dann alle. Wir sind dabei häufiger in der Rolle, dass wir mit den Prozessen, die wir zur Zielfindung definiert haben, andere lenken.

MU Das erlebe ich ganz ähnlich. Bei jedem Projekt – mit seinen jeweils unterschiedlichen Vertragsstrukturen – sind die Rahmenbedingungen und dadurch auch die Anforderungen andere. Dabei ist es uns ausgesprochen wichtig, all das auf einer menschlichen Ebene, im Miteinander zu lösen. Wir stimmen uns ab und hinterfragen dabei auch manchen Prozess. Wir versuchen, die Methode so zu implementieren, dass sie möglichst allen Beteiligten einen Mehrwert bietet. Wir folgen nicht stur einem Plan, wenn wir einen besseren Weg erkennen.

Welche Anwendungsfälle nutzen wir?

TB An der Schnittstelle zur AVA (Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung) ermitteln wir alle Kosten verbunden mit dem Modell.

Wenn es um die Termine geht, müssen wir definieren, ob es um den Rahmenterminplan geht, den Grobterminplan oder einen Feinterminplan. Immer wieder erlebe ich, wie diskutiert wird, welchen Mehrwert im Modell das Abbild des Baufortschritts hat. Das lässt sich nicht pauschal beantworten und kommt letztendlich auf die Bauaufgabe an. Während der Ausführungsplanung ist es allerdings vielleicht kein Ziel.

In der Regel haben wir eine Übersicht, die sogenannte Planung der Planung, die an sich nicht direkt mit der BIM-Methodik zusammenhängt, sondern grundsätzlich erfolgen muss. Also unabhängig von der Methode. Da geht es mehr um die Organisation der Arbeitsprozesse.

Wir haben außerdem begonnen, Auftraggeberinnen und Auftraggeber zu beraten, wenn es um die Aufstellung von Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) geht. Zum einen im Hinblick auf einen arbeitsorganisatorisch sinnvollen Weg, zum anderen auch inhaltlich. Denn wir arbeiten daran, die Erfahrungen aus Pilot- oder Leuchtturmprojekten auf andere, auch kleinere Projekte zu übertragen. Hier geht es auch intern stark um Wissenstransfer.

Wie stellen wir diesen Wissenstransfer sicher?

SB Wir haben standortübergreifend Strukturen etabliert, um uns intern weiterzuentwickeln und auch extern nehmen wir an Fortbildungen teil, z. B. in Verbindung mit der HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure), wo noch keine einheitliche Regel für Architektinnen und Architekten gilt. Denn oft bleibt die Frage, wie unsere [Vor-]Leistungen und unser Einsatz honoriert werden, die sich mit dem Einsatz von BIM verschieben. Die MacLeamy-Kurve veranschaulicht eine Verschiebung von Leistungen in frühere Phasen. Und sie veranschaulicht, warum wir Nachhaltigkeitsfragen von Anbeginn einbeziehen müssen.

heinlewischer engagiert sich in verschiedenen Arbeitskreisen und Verbänden. In der BIM Allianz tauschen sich viele namhafte Büros aus. In welchen Arbeitskreisen engagiert sich heinlewischer?

TB Das Netzwerk ist essenziell, um politisch einwirken zu können, sei es in Verbindung mit der HOAI oder mit anderen rechtlichen Fragen oder zur Etablierung perspektivisch bundesweit geltender Standards. Gemeinsam suchen und entwickeln wir zu den einzelnen Themen eine Haltung. Ganz konkret: Wann gehört eine Leistung zu den Grundleistungen, wann stellt sie eine Zusatzleistung dar? Dabei haben wir im Blick, dass die Prozesse möglichst einfach und klar werden. Dafür engagieren wir uns in verschiedenen Arbeitskreisen.

Persönlich war ich im ›Arbeitskreis Standards‹. Künftig will sich heinlewischer stärker im ›Arbeitskreis TGA‹ einbringen, wo die fachübergreifende Zusammenarbeit im Fokus steht. Das ist naheliegend, weil wir an vielen hochinstallierten Projekten beteiligt sind. Darüber hinaus sind wir im ›Arbeitskreis Revit‹ aktiv. Dort ist der Ansatz, mit einer größeren Kraft als die eines jeden einzelnen Architekturbüros an das entsprechende Software-Unternehmen herantreten zu können, um Veränderungen im Sinne der Anwenderinnen und Anwender auszulösen. Ein Ansinnen, das bei einem Software-Weltmarktführer selbst als Allianz ein sehr ambitioniertes Vorhaben bleibt.

Dann gibt es noch den ›Arbeitskreis Nachhaltigkeit‹. Er ist relativ neu. Dort sind wir mit Zoltan Djapjas, der in Berlin gemeinsam mit Carl von Jagwitz-Biegnitz und Christian Pelzeter das Null-Emissionsbürogebäude HafenCity für den Green BIM Award eingereicht hat, vertreten. Schließlich haben wir noch den ›Arbeitskreis BIM Koordination‹.

Unser BIM-Team besteht aktuell aus zehn Kolleginnen und Kollegen als zentrale Abteilung, die im Austausch mit den lokalen, über die Projekte und Standorte verteilten Revit-Administratoren steht. So verteilen wir uns in den jeweiligen Arbeitsgruppen. Und tauschen uns intern im Team über die Ergebnisse aus.

Wie verhält es sich beim Kooperationsbündnis ›einfach BIM‹? Wie ist das Bündnis entstanden? Was macht ›einfach BIM‹ aus?

MU Zunächst hat sich ein BIM-interessiertes Team gebildet, Initiator war das Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf (HZDR). Im Kooperationsbündnis sind wir ein Team, das nicht nur aus dem HDZR als Auftraggeber, heinlewischer als Gesamtkoordinatorin sowie Fachplanerinnen und -planern besteht. Dazu gehören z. B. auch Spezialistinnen und Spezialisten der Befestigungstechnik. Alle Beteiligten wussten, dass sie auf eigene Standards zurückgreifen können, und wollten untersuchen, wie sie diese effizient anwenden. Das Team stand schon sehr früh fest, so dass wir in der entsprechenden Ti efe viele Fragen erörtern konnten. Gemeinsam haben wir definiert, was wir untersuchen wollen.

SB Nach den ersten Gesprächen war klar, dass sich mit dem eigentlichen Bauprojekt das Kooperationsbündnis ›einfach BIM‹ entwickeln wird, als Gemeinschaft von Menschen, die sich dazu entschlossen haben, im Sinne der BIM-Methodik zu wirken und Wissen offen zu teilen, auch außerhalb dieses Kreises.

Besteht das Bündnis ›einfach BIM‹ über die Fertigstellung des Bauprojekts hinaus?

SB Grundsätzlich ja. Die Zusammenarbeit ist sehr eng und die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) hat stellvertretend alle Anwendungsfälle dokumentiert.

Wir sind an zwei Praxisprojekten beteiligt, dem Low Tech Bürogebäude und dem High Tech Laborgebäude. Anhand dieser Projekte und eines dritten Projekts, das im Vorfeld umgesetzt wurde, sind die verschiedensten Anwendungsfälle untersucht und festgehalten worden, so dass sie als Referenz gelten können, mit Blick auf noch folgende Projekte, interdisziplinäre Teams und vielfältige Anforderungen.

Das, was wir gemeinsam erarbeitet haben, wird nun über die entsprechende Website www.einfachbim.de kommuniziert. Bei Bedarf werden die dort kommunizierten Inhalte aktualisiert. Dafür trifft sich das Konsortium zwei Mal im Jahr. Im Austausch der jeweils in der Zwischenzeit neu gesammelten Erkenntnisse lassen sich neue Inhalte für die Website und die Fachöffentlichkeit generieren oder bisher erarbeitete Leitfäden auf den Prüfstand stellen.

Uns interessiert noch eine weitere Seite des Wissenstransfers: Wie werden neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an BIM herangeführt? Welchen Wissensstand haben Absolventinnen und Absolventen? Wie sind Eure Erfahrungen?

TB Absolventinnen und Absolventen haben eine hohe Affinität zum Digitalen, gleichwohl bereiten die Hochschulen sie selten auf die Arbeit mit der BIM-Methode in der Praxis vor. Dafür können wir auf unsere interne Akademie zurückgreifen: Dort werden neue Mitarbeiter innen und Mitarbeiter auf ganz konkrete Anwendungsfälle vorbereitet. Außerdem berichten im Rahmen der Akademie viele Kolleginnen und Kollegen aus ihren praktischen Erfahrungen.

Was wollt Ihr allen, die noch in irgendeiner Form mit BIM ›fremdeln‹ auf den Weg geben?

TB BIM macht Spaß!

MU Wir sollten noch mutiger an die Themen rangehen.

SB Dazu habe ich eine kleine Anekdote! Manche Kolleginnen oder Kollegen kommen auf uns zu mit der Aussage: Ihr macht doch BIM. Darauf antworte ich: Nein, alle im Büro wenden BIM an. Es ist nicht so, dass wir nur ausgewählte Pilotprojekte begleiten, sondern wir setzen jedes Projekt mit der Methode um. Seit 2016. Auch wenn einzelne Projekte nicht offiziell BIM-Projekte heißen. Es ist also nichts, wovor wir Angst haben müssen: Bei heinlewischer arbeiten alle mit der BIM-Methode, nur manchen ist es vielleicht nicht so präsent, weil es so selbstverständlich ist.